Die Müdigkeit, die sich in seinen Fahrfehlern seit ein paar Hundert Kilometern manifestierten (Konzentrationsprobleme) würden ihn schon zur Vernunft bringen, dachte ich. Die Natur verlangt ihr Recht.
Die schnurgeraden Autobahnen bei Nacht bieten dem Auge keine Abwechslung, so dass man leicht während des Fahrens einschläft. Endlich in Spanien und endlich auf der“ sunny side of the road“, so auch der Titel von dem Buch, das mir Freunde mit auf den Weg gegeben hatten. Sonne pur.
Klaus hat mich irgendwo in der Stadt abgesetzt. Ich muss noch ziemlich lange laufen bis zum <Estacion de Terminal Francia>, dem Bahnhof von Barcelona. Hier kann ich Geld wechseln und mir einen Stadtplan besorgen. Klaus bot mir an, mit ihm und seinen Freunden in Gibraltar zu surfen. Ich war erfreut über das Angebot, aber ich hatte meine Bedenken. Wenn Klaus tatsächlich so weiterfuhr ohne Pause zu machen, dann wären wir nie am Ziel angekommen und ich hatte noch einiges vor. Ich bin einfach noch zu jung zum Sterben. Ich bin müde und wieder mal sehr hungrig.
Eigentlich schade, dass ich die Provence, von der ich mir einiges versprochen hatte, nur bei Nacht und mit 200 KM/h durchfahren hatte. Aber um 5.00h morgens auf der Autobahnabfahrt „Montpellier est“ abgesetzt zu werden, war auch nicht sehr verlockend.
Da spielt eben der Zufall Regie und gibt mir den Weg vor. Barcelona ist sehr laut und hektisch, so die ersten Eindrücke. Autoschlangen, die eine sichtbare Dunstwolke mit sich führen und sich um große alte Denkmäler herum schlängeln sind mir noch gut in Erinnerung. Polizisten mit MP‑Gewehren in dicken Lederstiefeln und braunen Uniformen und das bei 26 Grad im Schatten. Ich bin selbst viel zu dick angezogen. Als erstes ziehe ich mir die Jacke aus, verstaue sie im Rucksack und kremple meine langen Hemdsärmel hoch. Dann ziehe ich meine dicken Wanderstiefel aus und tausche sie gegen leichteres Schuhwerk. Die Sonne tut unendlich gut. Ich bin sehr müde und beschließe mit dem gerade erstandenen Straßenplan zum Hafen hinunter zu gehen um ihn dort zu studieren. Mein erster Wunsch ist ein Dach über dem Kopf zu finden für die Nacht. Mein Stadtführer hilft mir dabei.
Die Schiffe schaukeln im leichten Wellengang des Meeres und die sommerliche Luft lässt mich zusammen mit den Lichtreflexen auf den Wellen beim Suchen eindösen. Der Schlaf ist flach aber wohltuend. Zu groß ist die Angst, zu versäumen, wie jemand sich mit meinem ganzen Hab und Gut aus dem Staube macht. Ich habe es mir deshalb zur Angewohnheit gemacht, auf meinen Sachen zu liegen, bzw. den Rucksack mit der Parkbank so zu verschnüren, dass ein schnelles wegziehen (ohne mich dabei zu wecken) unmöglich ist. Schließlich möchte man dem Dieb ja wenigstens noch hinterherwinken, um zu sehen, wer künftig seinen Lieblingspullover trägt.